von Luisa Cecilia Suárez-Mejia
Was man wissen muss (Pause): ich bin (ich bin) ein milchiger Wurm, der vom Mond gefallen ist. Ein Mondwurm, ein Milchwurm, ein Geschöpf, das vom Himmel gefallen ist, ein Gesicht, das irgendein Verrückter auf diesen Planeten geschleudert hat, eine lunare Larve mit Gesicht. Ich bin hier und ich weiß nicht, was ich machen soll! Ich bin da- das irritierte Gesicht existiert, existiert Wurm, existiert Mond, das ist alles, ich denke nicht, also bin ich ein Gesicht, das ist alles, vielen Dank. (Pause) Besagtes Erkenntnis habe ich folgendermaßen gewonnen: Ich dichtete alle Fenster in der Wohnung ab und öffnete sie vier Tage nicht, ich aß nur mehr Linsen, ich streute Mehl und Mohn auf den Parkettboden, sodass man diesen Lügner nicht mehr sehen konnte und kräuselte mich nackt darin. Die Selbstverständlichkeit des Bodens- sie ekelt mich an, sie widert mich an, immer noch. (Pause) Man sei sich im Klaren: der Boden ist ein böser Lügner, dem man nicht zum Opfer fallen darf. Man darf ihm nicht trauen, dem Boden der Tatsachen. Der spricht immer davon, dass dem Wahn ein Ende gesetzt werden muss und dass er nicht echt ist. Aber Vorstellungen einer Wahnsinnigen sind zwar wahnsinnig in Bezug auf die Situation, in der sie sich befindet, aber nicht in Bezug auf ihren Wahn. Also sag mir, (Pause) was macht ihn so viel wissender und wahrer als ich es bin? (Pause) Wie auch immer, ich sorgte dafür, dass er mir aus den Augen bleibt. Ich beschloss die Dinge in die linke Hand zu nehmen und habe einen Raumanzug von Sun Ra höchstpersönlich gekauft, ich hinterließ für meine Katzen eine Notiz: „Verlasse die Erde. Ich lass euch das Radio an“, und begann zu suchen. Und ich suchte überall! (Aufzuzählen wo genau „überall“ war, wäre jetzt zu aufwendig. Deswegen lasse ich das.) Auf dieser Reise traf ich auf so manche Dinge, den Mond fand ich jedoch nicht. Also bin ich, besiegt von meiner eigenen Misere, zurück in meine Wohnung gezogen. Ich stellte mir die Tage des Raumanzugs ins Zimmer und wartete bis sie jemand abholt. Jemand ist nicht gekommen. Dann hab ich sie ins Stiegenhaus gestellt, wo sie meinen Berechnungen nach jemand mitnehmen sollte. Jemand hat sie nicht mitgenommen. Also stellte ich sie auf die Straße, völlig überzeugt davon, dass sie nun aber wirklich jemand mitnehmen müsste. Jemand hat sie nicht mitgenommen. Gezwungen hat mich die Not: ich stellte mich nackt, in meiner ganzen Weiblichkeit (Wurmlichkeit…) mit den Tagen auf die Straße; jemand hat zwar geschaut aber wieder nichts mitgenommen. (Lange Pause)
Hin und wieder hab ich das Gefühl, dass mir die Heimat ganz nahe ist, ganz nahe. Dass das Ziel sich unmittelbar vor mir befindet! (Pause) Hin und wieder glaub ich, dass der Mond in meinem Garten liegt und auf mich wartet. Wartet, dass ich mich zu ihm lege, wartet auf mich, wartet auf mein Gesicht, wartet auf meinen Wahn… Oh, wie schön es ist, nur Gesicht und Wahn zu sein, oh, wie froh man sein muss, nur Gesicht und Wahn zu sein.


